Vätternrundan '13, Motala (Berichte, Bilder + Video)

Ingo-Flamingo
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 47
Registriert: 25.08.2008, 18:37
Wohnort: Stade
Kontaktdaten:

Vätternrundan '13, Motala (Berichte, Bilder + Video)

Beitragvon Ingo-Flamingo » 18.06.2013, 11:13

Hier ein Bericht von einem Teilnehmer unserer Reise zum Vätternsee 2013. Vielen Dank dafür Bernhard! Mit sportlichen Gruß Ingo

Bericht Vätternrundan mit Ingo-Reisen am 15.06.13

Wie seit Monaten geplant, sind Walter Dahlmann, Michael Hess und ich am Donnerstagmittag mit dem PKW nach Bremen gefahren. Ingo Schumacher aus Stade hatte, wie in den zurückliegenden Jahren auch, die Fahrt nach Schweden mit allen Details akribisch geplant. So mussten wir in Schweden nur in einem der beiden Reisebusse unsere Räder und das Gepäck verstauen. Die Fahrt über Nacht mit insgesamt über 100 Radlern nach Schweden war anstrengend, wurde aber aufgelockert durch 2 Fährüberfahrten, zunächst von Puttgarden nach Dänemark und dann bei Helsingborg nach Schweden.

Bild

Fahrplanmäßig waren wir um 8 Uhr in der wunderschön gelegenen Jugendherberge Borghamns, direkt am Vätternsee, wo uns ein gutes schwedisches Frühstück erwartete. Wir haben dann unsere Zimmer bezogen. Walter und ich hatten Glück mit Zimmer Nr. 9: Ein Doppelzimmer im Dachgeschoss mit direktem Seeblick. Ein Glück war auch, dass wir Dusche und WC nur mit einem anderen Zimmer teilen mussten, während Michael in einem Sechsbettzimmer untergebracht war. Dort standen ein WC und eine Dusche für insgesamt 20 Teilnehmer zur Verfügung!

Wir sind dann um 10 Uhr mit unserem Bus nach Motala gefahren, haben die Startunterlagen abgeholt und die Stadt besichtigt. Die aufgebauten Stände waren allerdings nicht besonders sehenswert. Die angebotene Ware war völlig überteuert. Wir waren deshalb froh, uns am Nachmittag eine kurze Zeit aufs Bett legen zu können. Am Abend gab es dann eine wirklich gute Lasagne, mit der wir uns reichlich gestärkt haben.

Am Samstagmorgen um Punkt 3 Uhr ging es dann mit unserem Bus los nach Motala zum Start. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Vätternrundan seit 1965 gefahren wird. Es handelt sich um das angeblich größte Radrennen der Welt, jedenfalls wenn man die Teilnehmerzahl von jeweils 22.000 bis 30.000 mit der Streckenlänge von 300 km multipliziert.

Für unsere beiden Busse hatte Ingo Startzeiten um 4.24 und 4.26 Uhr reserviert. Michael fuhr in der ersten und Walter und ich in der zweiten Gruppe. Als wir mit dem Bus von der Jugendherberge nach Motala fuhren, kamen uns auf den 30 km permanent Rennradgruppen entgegen, am Anfang noch mit Beleuchtung, anschließend ohne. Die Anspannung stieg. Wir hatten uns vorgenommen, die 300 km möglichst in 10 Stunden zu schaffen, also mit einem Schnitt von mindestens 30 km/h.

Michael war mit seiner Gruppe also zuerst auf der Piste. Seine Gruppe konnten wir jedoch nach ca. 30 km einholen, weil ein schwedischer Radfahrer Michaels Gruppe angewiesen hatte, nach 30 km eine Pinkelpause einzulegen, obwohl niemand musste. Von da an konnten Michael, Walter und ich in „unserem Pulk“ für Tempo sorgen. Bedauerlich war, dass sich unseren Tempo-Bemühungen nur ca. 3 weitere Rennradfahrer anschlossen, so dass wir 6 immer abwechselnd im Wind fuhren.

Zum Wetter sei gesagt, dass die Temperaturen am frühen Morgen mit 13 Grad akzeptabel waren; dafür herrschte, wie am Vortag auch, ein sehr unangenehmer und äußerst starker Südwestwind, der uns alles abverlangte. Der Wind war so stark, dass wir uns am Vorabend kaum draußen aufhalten mochten. Wir wussten aber, dass wir nach gut 100 km einen Wendepunkt bei Jönköping hatten und uns dann über 150 km der Rückenwind zu Hilfe kam. Auf den ersten 85 km haben wir Drei wirklich alles gegeben. Ich selbst hatte mir gedacht, dass ich eine gute Zeit fahren werde, wenn ich den Anschluss an Michael und Walter halten kann. Walter scherte jedoch nach 85 km aus der Gruppe aus und fuhr rechts ran. Ich nahm an, dass er nur kurz austreten musste und in wenigen Minuten wieder aufschließen würde, was überraschenderweise aber nicht der Fall war. Bei dieser Gelegenheit ist mir Michael aus dem Blickfeld geraten. Ich vermutete zu Recht, dass er weiter nach vorne geprescht war.

Ca. ½ Stunde später, genau am Wendepunkt bei Jönköping, setzten bei mir die Krämpfe im rechten Oberschenkel hinten ein. Ich war entsetzt, zumal noch rund 200 km vor mir lagen. Insbesondere bei den Anstiegen, die allerdings nicht sehr steil waren, konnte ich keinen Druck auf die Pedale bringen, weil jeder Druck sofort wieder einen intensiven Krampf auslöste. Ich konnte nur in kleinen Gängen mit hoher Trittfrequenz recht langsam fahren, um überhaupt die Steigung hochzukommen. Bei den Abfahrten musste ich mein rechtes Bein entlasten. Es ging dann wieder einige km gut, bis die nächste Steigung kam. Auch an schnelles Fahren war nicht zu denken. Die meisten Höhenmeter liegen auf diesem Rundkurs zwischen km 75 und 135. Nachdem wir uns in den ersten Stunden wirklich ziemlich verausgabt hatten, hatte ich mich darauf gefreut, nach 135 km hohes Tempo zu fahren. Wegen meiner Krämpfe war dies jedoch nicht umzusetzen. Ich fühlte mich total stark, konnte die Kraft aber nicht auf die rechte Pedale bringen. Dies führte bei den Anstiegen u. a. dazu, dass ich mit dem linken Bein gedrückt und mit dem rechten gezogen habe. Nach 150 km habe ich mit dem Gedanken gespielt, mit einem Servicefahrzeug zum Ziel zu fahren. Ich habe es dann aber weiter probiert und habe bei 205 km erstmals ausgeklickt, um meine leeren Wasserflaschen aufzufüllen.

Gefreut habe ich mich, als ca. 30 km vor dem Ziel plötzlich Walter von hinten auftauchte und wir ein Stück gemeinsam fahren konnten. Hierbei berichtete er, dass er bei ca. 85 km nicht austreten musste, sondern einen noch nie gekannten Leistungsabfall verspürte. Bei km 135 musste er sogar längere Zeit anhalten, konnte dann aber mit einer schnellen Gruppe wieder Anschluss finden. Walter selbst meinte im Ziel, dass die Vätternrundan für ihn weitaus anstrengender war, als der Ötztaler.

Bei Michael lief alles wie geschmiert. Er hat mir erzählt, dass er so lange wie möglich in unserer letzten gemeinsamen Gruppe bleiben wollte, da diese trotz starkem Gegenwind immer noch 37 km/h fuhr. Das Dranbleiben war aber dann bei Rückenwind ein hartes Stück Arbeit, denn die Geschwindigkeit stieg auf 40-55 km/h an. Bei km 225 waren dann seine Trinkflaschen leer und er legte eine kurze Pause ein. Nach der Pause erwischte er dann eine Gruppe, mit der er bis zum Ziel fuhr.

Als ich von meiner Fahrt im letzten Jahr von Trondheim nach Oslo berichtete, wo wir erstmals nach 180 km ausgeklickt sind, konnte dies kaum jemand nachvollziehen. In Schweden haben wir aber alle Drei erfahren, dass man auch 300 km ohne Ausklicken und ohne Pausieren am Stück fahren kann, wenn man genügend Getränke und Riegel bei sich führt.

Noch kurz zum Wetter: Der Rückenwind und die gesamte Strecke auf der westlichen Uferseite waren, wenn man keine Krämpfe hat, gut zu fahren. Unangenehm waren dann wieder die letzten 50 km gegen den Wind. Es wurde im Laufe der vormittags immer wärmer, so dass man während der Fahrt die Windstopper-Jacke ausziehen konnte. Die Schweden haben seit Jahren nicht so ein gutes Wetter während der Vätternrundan gehabt (Kommentar Ingo: Nicht ganz richtig - Wir hatten vor 2011 ebenfalls wunderbare Bedingungen!). Ich habe mich natürlich sehr gefreut, als ich im Zieleinlauf sofort Michael sah. Wir haben uns dann verabredet, dass ich direkt zu unserem Begleitbus fahre und dort ebenfalls mein Fahrrad im Anhänger verstaue. Walter kam ebenfalls kurze Zeit später. Wir haben dann die Schuhe gewechselt und sind sofort wieder zum Zieleinlauf gegangen. Rund 30.000 Besucher lagen in ganz Motala auf irgendwelchen Rasenflächen herum, so auch wir, und zwar in unmittelbarer Nähe der Zapfanlage.

Die Startgebühr betrug rd. 150 €. Da wir die Verpflegungsstationen unterwegs geschont hatten, suchten wir uns zunächst ein schönes Plätzchen in der Sonne auf dem Rasen, in unmittelbarer Nähe der Bier-Zapfanlagen. Dort haben wir es uns gut gehen lassen und von unseren Erlebnissen erzählt. Walter, der bei sämtlichen GCC-Rennen stets Bestzeiten gefahren war, konnte sich seinen unerwarteten Leistungseinbruch nicht erklären. Dennoch haben wir alle Drei unsere Wünsche erfüllen können: Unser Primärziel war ganz klar, heil im Ziel anzukommen. Unser Sekundärziel lautete dann: Möglichst unter 10 Stunden. Nachdem wir unsere Urkunden abgeholte hatten, konnten wir folgende Zeiten (einschließlich Pausen) feststellen:

Michael 8 Stunden und 32 Minuten,
Ich 9 Stunden und 17 Minuten,
Walter 9 Stunden und 29 Minuten.

Meine Tachowerte lauteten:

298 km
1.725 hm
32,36 km/h
9 Stunden und 12 Minuten (effektive Fahrzeit)
max. km/h 61,4

Die vorbezeichneten Zahlen dokumentieren, dass meine Trinkpause exakt 5 Minuten gedauert hat. Der Rest war reine Fahrzeit.

Irgendwann trudelten auch die anderen Teilnehmer unserer Reisegruppe ein. Wenn ich die Informationen richtig verstanden habe, sind Michael, Walter und ich die schnellsten Zeiten gefahren. Schön war es, zwei Rennradfahrer aus Sichtigvor zu treffen. Diese waren erstmals in Schweden dabei und hatten sich vorgenommen, keine Verpflegungsstation auszulassen. Sie sind ebenfalls wohlbehalten im Ziel angekommen.

In der Jugendherberge zeigte sich dann, dass alle über 100 Teilnehmer von zu Hause entsprechende Marschverpflegung mitgebracht hatten. Wir konnten deshalb beim schwedischen Lachs mit Kartoffelsalat auf unsere heimischen Bier-Produkte zurückgreifen. Es wurde ein lockerer Abend. Am nächsten Morgen fuhren die Busse um Punkt 8 Uhr nach dem obligatorischen Gruppenfoto los. Um 20.30 Uhr waren wir wieder in Bremen und um 23.30 Uhr in Oeventrop.

Bild

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es ein wunderschönes, lohnendes Event war. Wir können allen Radsportfreunden nur empfehlen, schon in den nächsten Jahren bei der Vätternrundan zu starten. Es war richtig schön!

Bernhard K. ;-)
Benutzeravatar
NOBNOB
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 328
Registriert: 22.06.2010, 20:22
Wohnort: Hamburg

Beitragvon NOBNOB » 19.06.2013, 20:23

Und das habt Ihr alles verpasst:

- Nette und hilfsbereite Schweden (mal ganz abgesehen von den hübschen Blondinen)
- Leckere Blaubeersuppe mit frischen Brötchen
- Leckere Köttbuller mit Kartoffelbrei und Preiselbersauce
- Lasagne (o.k. hätte besser gewürzt sein können)
- Leckere Milch, mal eine echte Abwechslung im Getränkeeinerlei
- Sonnenaufgang über dem Vätternsee
- Wunderschöne Buchten des Vätternsee direkt an der Strecke
- Die Sonne, wie sie sich in den Wellen spiegelte
- Ober leckere Schokobuller, dargereicht von zwei rührigen alten Damen
- Eine einfach wunderschöne Landschaft
- wunderschöne schwedische Holzhäuser
- unzählige Zuschauer, die einen anfeuerten, gerade dann, wenn man es brauchte
- und und und.....
- Wahrscheinlich auch ne Menge Spass

Warum macht man sich eigentlich den Stress und fährt 800 km nach Schweden, wenn man sich am Ende nur für grauen Asphalt und ein paar Zahlen auf seinem Computer interessiert????
they who go out into the world see the wonders wrought by the gods,
and return humbled
Benutzeravatar
tierfreund23
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 871
Registriert: 08.06.2008, 21:19
Wohnort: Toppenstedt

Beitragvon tierfreund23 » 20.06.2013, 20:48

NOBNOB hat geschrieben:Warum macht man sich eigentlich den Stress und fährt 800 km nach Schweden, wenn man sich am Ende nur für grauen Asphalt und ein paar Zahlen auf seinem Computer interessiert????
Da sprichst du mir aus der Seele, aber jeder hat halt andere Ziele...
Trotzdem schöner Bericht, Vättern muss ich auch mal unbedingt fahren.

@NOBNOB
Wie war es für dich?
Mit welchem Rad bist du gefahren?
Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte,
drum gab er Säbel, Schwert und Spieß, dem Mann in seine Rechte,
drum gab er ihm den kühnen Mut, den Zorn der freien Rede...

Zitat: Ernst Moritz Arndt 1812
Benutzeravatar
quasarmin
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 392
Registriert: 13.04.2006, 10:33
Wohnort: Eckernförde

Vätternrundan 2013 - Mit Ingo-Flamingo

Beitragvon quasarmin » 20.06.2013, 23:16

Eigentlich wollte ich sie ja gar nicht mehr fahren, die Vätternrunden. 2004 fast durchgehend Regen, 2006 nach ca.230 km gestürzt - und mit Wadenbeinbruch schliesslich an der Station Boviken aufgegeben. Dann 2010 doch noch eine richtig gute Tour gehabt. Ich dachte mir, das kannste nicht mehr toppen, lass es dabei.

Ebenfalls 2010 fuhr Sven mit, der Kumpel meines Kollegen Marc, der mit ihm nach Motala gereist war um ihn etwas zu betreuen und das Auto zu fahren. Sven, der lang nicht so gut trainiert war wie die meisten Teilnehmer der Vätternrundan, hatte sich damals in ca. 18 Stunden durchgekämpt, fand das Leiden irgendwie schön und wollte unbedingt nochmal. Allerdings sollte Marc dann ebenfalls mitradeln. Ich erfuhr davon von Marc irgendwann mal in 2011, als wir auf das Thema Radfahren kamen. Es dauerte nicht lange und wir hatten den Plan beschlossen zusammen in 2012 nach Schweden zu fahren. Leider war der Plan nicht so richtig gut zu Ende gedacht und wir verpassten die Anmeldung, die in wenigen Tagen ausgebucht war. Da mir die Tour 2010 mit den von Ingo organisierten Bussen und der Herberge bei Borgham richtig gut gefallen hat, nahmen wir uns vor es 2013 bei Ingo zu versuchen. Zum Glück hatte Ingo für 2013 nochmal eine Tour angeboten und so hat es dann auch geklappt.

Bild

Am Abend des 13.Juni stiegen wir in Lübeck in den Bus und waren am nächsten Morgen zum Frühstück in Borghamn. Dieser Teil der Reise, die nächtliche Hinfahrt mit dem Bus, empfinde ich als den anstrengendsten Teil der ganzen Reise. Danach ist alles gut.

Ingo hatte zusätzlich zwei Busse gebucht, die uns nach dem Frühstück und Beziehen der Zimmer nach Motala zur Anmeldung brachten, um die begehrten Nummerlapper abzuholen. Dieses Jahr brauchten wir zum Glück nur einen Nummernlappen auf der Brust anbringen. Ich konnte somit ein Startnummernband verwenden, was die Flexibilität bei der Kleidung erheblich verbessert. An den Rädern mussten zusätzlich Startnummern am Lenker montiert werden. Leider sind diese etwas groß geraten und so mancher wird mit seinen Anbaugeräten am Lenker Probleme gehabt haben. Ich habe die Nummer einfach hochkant am Steuerrad angebracht. Die Rahmenaufkleber gab es auch noch, allerdings enthalten diese keine Startnummer mehr. Vermutlich werden sie nur noch deswegen ausgegeben, weil sie an vielen Rädern Sammelobjekte sind. An meinem Fixie ist jetzt auch der zweite drauf.

Bild

Die Rad-Expo ergab nichts neues. Die Produkte waren im Vergleich zu Deutschland eher teurer. Marc und Sven haben sich jeder eine kleine Rundtasche gekauft. So eine hatte ich mir schon 2010 gekauft, sehr leicht und geräumig sowie an Lenker oder Sattel anzubringen um Klamotten zu verstauen, die man auszieht wenn es wärmer wird.

Die nächtliche Anreise über hat es fast durchgehend geregnet, auch am Freitag über gab es immer wieder Schauer. Die blauen Lücken zwischen den Wolken wurden aber größer. Was den meisten aber etwas Sorge bereitete, war der starke Wind der aus Süd-West wehte. Die Wetteraussichten für Samstag standen seit Tagen auf Sonne, aber starkem Wind. Ich war die Tage vor der Abfahrt fast geneigt meinen neuen Crosser mit Strassenreifen mitzunehmen, denn das Problem beim Fixie sind nicht die Steigungen oder Gegenwind, sondern Rückenwind über längere Strecken. Und genau das stand uns auf der westlichen Seeseite bevor. Mein Fixie ist allerdings ein sehr bequemer Stahlrenner, und ich hatte mit dem Alu-Crosser noch keine Strecke > 30 km am Stück zurückgelegt. Also erwarteten mich beim Start auch wieder die gleichen Fragen... „was machste wenn es bergauf geht? ... „na stärker treten!“ ... „was machste wenn es bergab geht?“... „na schneller treten!“

Bild

Nach der Lasagne am Freitag abend waren die meisten früh verschwunden. Um 3 Uhr früh rollten wir schon wieder mit den Bussen nach Motala. Ein Lichtermeer kam uns in der Dämmerung entgegen. In Motala dann emsiges Klarmachen der Räder und ab zum Start, endlich ging es los. Unsere Startzeit 4:24 Uhr. Wie schon 2010 war der Start zu dieser Zeit nichts aufregendes, die Teilnehmer waren mehr oder weniger unter sich und in bewährter Routine wurden die Gruppen alle 2 Minuten losgelassen. Den ersten Kilometer das Motorrad vorweg und dann freie Bahn, die schon etwa 18.000 Radfahrer/innen in den Stunden vor uns befahren haben.

Bild

Marc ist ein ziemlich sportlicher Typ. Im Winter hat ihm ein Freund ein Storck geliehen, er hat sich die Klamotten zugelegt und fing an im April auf der Strasse zu trainieren. Stolz erzählte er in der Firma von erst 60, dann 80 km, die er gefahren sei. Dann hat er einmal eine 190 km Probe-Tour mit mir gemacht und sich ganz gut gehalten. Allerdings musste ich ihn immer wieder etwas drosseln, damit er seine Kraft einteilt.

Ich hatte einen Plan ... wir liessen unsere ganze Gruppe wegfahren und fuhren uns die ersten 20 km ganz ruhig warm, dann pendelte ich das Tempo auf ca. 27 km/h ein, denn es ging schliesslich frontal gegen einen sehr frischen und auch böigen Wind. Mit zu meinem Plan gehörte unbedingt an der ersten Station Hästholmen anzuhalten und erstmal einen Kaffee zu trinken, Frühstück sozusagen. Ich erklärte Marc, dass dies für uns noch gar nicht zur Rundan gehört, sondern diese erst nach dem ersten Kaffee offiziell beginnt. Dann fahren wir nach Jönköping zum Essen und von da sind es noch die 190 km, die er eh schon gefahren ist - Fertig. Das gefiel ihm gut.

Bild

Weiter gings zu dritt gegen den Wind. Ich fuhr meist vorne, dann Marc und hinten Sven, den wir mitzogen. Meine Beine wurde einfach nicht richtig warm. Die Sonne war mittlerweile aufgegangen, aber uns wehte ein sehr kühler Wind entgegen. Auch in Gränna gab es eine Kaffee, die süssen Brötchen und natürlich die Salzgurken. Wir hatten uns vorgenommen an jeder Station wenigstens kurz anzuhalten und die Trinkflasche aufzufüllen, meist wurden es dann doch 10 Minuten. Zwischen Gränna und Jönköpping gabs dann ein paar Steigungen, nach denen wir auf Sven warten mussten, er hatte einfach nicht die Kraft dran zu bleiben, aber wir warteten immer auf ihn, denn wir wollten so weit wie möglich zusamen bleiben.

Bild

Die Sonne stand schon höher als wir in Jönköpping ankamen, wir haben hier erstmal etwas Pause gemacht und uns von den 110 km Gegenwind etwas erholt. Der Mix aus Köttbullar, Kartoffelpürre und Ketchup und Hafergrütze mit Apfelmus ist einfach grandios. In Deutschland bei einer RTF undenkbar, hält diese Kost hier Leib und Seele zusammen und das ist auf einer solchen Tour für viele sehr wichtig.

Bild

Draussen im Bus saßen ein paar Erschöpfte und schliefen. Ihnen war der starke Gegenwind zum Verhängnis geworden. Später haben wir noch viele überholt vor denen ich wirklich Achtung hatte. Viele davon waren seit Freitagabend unterwegs, oft bestand die Ausrüstung aus einem einfachem Jogginganzug und ganz normalem Tourenrad, teilweise sehr einfache und alte Räder.

Sven war ziemlich fertig, er war sich nicht sicher, ob er bei uns bleiben kann oder sollte. Zwar drehte uns der Wind mit jedem Meter in den Rücken, aber bis Fagerhult kamen einige knackige Steigungen und genau das war Svens Problem. Marc hatte keine Probleme und genoss die ganzen Eindrücke um ihn herum sehr.

Bild

In Fagershult haben wir und dann mit Sven geeinigt, dass wir getrennt weiterfahren, Marc und ich voraus und er im eigenen Tempo hinterher. Nachdem die Hügel hinter uns lagen, kam das für mich unangenehmste Stück. Die Abschnitte Fagerhult-Hjo-Karsborg wurden von gutem Rückenwind unterstützt und ich fuhr mit dem Fixie oft an der Kotzgrenze. Die Übersetzung 46/16 war ganz schön fordernd. 2010 war nur schwacher Wind, da lief es mit dem Rad hervorragend. Was mich beruhigte, wenn wir erstmal oben im Norden bei Hammarsundet um den See herum sind, dann haben wir wieder Gegenwind.

Über uns jagten einzelne Wolken hinweg nach Norden, mal Schatten mal Sonne. Die Temperaturen reagierten empfindlich darauf. Mal wurde es richtig warm, dann wieder sehr kühl. Marc fuhr kurz, ich brauchte die Armlinge.

Bild

In Hjo war wie üblich großer Auflauf. Die Vätternrundan ist für dieses Städtchen sicher eines der Highlights des Jahres, viele Schaulustige waren unterwegs. Hier gab es in dem schumrich kleinen Zirkuszelt erstmal eine Lasagne, ehe wir rüber zum See gingen.

Bild

In Hjo trafen wir noch kurz unseren Reiseorganisator Ingo, und dann sahen wir noch einen .... einen echten Superhelden:

Bild

Nach dieser längeren Pause brauchen wir erst etwas, um wieder in Fahrt zu kommen. Gerade lief es rund, da ging eine Brücke vor uns hoch. Egal, eigentlich war´s schön zuzusehen.

Bild

Marcs linkes Knie machte auf einmal Probleme. Er konnte zwar noch gut ziehen, aber nicht mit Kraft drücken. Der nächste Stop bei der Festung Karlborg wurde daher auch etwas länger, da ich Marc empfohlen habe, sich eine Massage zu gönnen.

Bild

Ich hatte auch etwas Probleme mit der linken Hüfte bekommen, es zwickte aber nur beim Losfahren, wurde dann bei Fahrt besser. Bei Marc hatte die Massage guten Erfolg und wir fuhren etwas ruhiger weiter. Endlich das „noch 100 km-Schild“. Für Marc etwas besonders, denn so weit war er noch nie mit dem Rad gefahren. Jeder Meter wurde nun für ihn ein persönlicher Rekord. Leider ein etwas schmerzhafter, denn das Knie war wieder da.

Bild

Nun kam der Abschnitt auf dem ich 2006 gestürzt bin, ich hatte damals nur kurz das Hinterrad meines Vorausfahrers berührt und es war zu spät. Mit Schrecken beobachteten wir, wie das gleiche fast einem jungen Schweden passierte. Fast an der selben Stelle scheuerte er mit dem Vorderrad am Hinterrad seines Mitfahrers und brachte die Situation gerade noch unter Kontrolle. Mit voller Konzentration ging es nun zur Station Boviken, die trotz der Erinnerung an den Abbruch damals meine Lieblingsstation ist, mit dem schönen Ausblick über einen Seitenarm des Vättern.

Bild

Der Wind hatte inzwischen etwas nachgelassen, auf der Strecke zwischen Hammarsundet und Motala war längst nicht mehr der starke Gegenwind zu spüren wie am frühen Morgen. Allerdings kamen nun immer wieder kurze knackige Anstiege. Zwischendurch rauschten immer wieder Sub-9er Teams an und vorbei, sehr imposant. Viele Einzelfahrer haben wir auf diesem Abschnitt überholt, die meisten still und konzentriert. An einem Anstieg überholte uns eine der vielen Gruppen eines großen schwedischen Radclubs, allerdings nahmen sie beim Anfahren der Steigung alle die Beine hoch und wurden fast schlagartig langsamer als wir. Ich musste mit meiner Starrnabe die Drehzahl halten und wurde von einem arroganten Typen gleich angemacht, sie wären hier eine geschlossene Gruppe und ich sollte gefälligst hinten bleiben. Ich machte ihm klar, dass ich an seiner Lutschergruppe keinerlei Interesse habe und sie doch bitte etwas ahead gehen sollen, wenn es ihm so wichtig ist. Solche Typen gibt es leider im Radsport überall, auch in Schweden.

Diese Truppe ist dann hektisch über die Station Hammarsundet hergefallen, gleich mehrere fuhren mit ihren Rädern direkt an die Ausgabestände heran und rempelten dabei sehr grob andere an, die dort warteten, ein ziemlich unsportlicher Verein. Das war allerdings so ziemlich einzige negative Erlebnis, denn Stürze oder ernsthaft Verletzte sahen wir zum Glück keine. Während wir an den anderen Stationen schon mal 10 Minuten verbracht haben, füllten wir in Hammarsundet nur kurz die Flaschen auf, Brötchen in die Backe gesteckt und Blaubeersaft hinterher, dann gings weiter Richtung Ziel.

Bild

Bei Medevi wollten wir nicht mehr halten, hier habe ich mir meinen ersten mitgebrachten Früchteriegel gegönnt, für die letzten 20 km nach Motala, die zudem sehr entspannt zu fahren sind. Marc zog trotz Knieprobleme tapfer mit und bei etwa 8 km vor Ziel blühte er auf. Mit jeden Kilometer, den wir dem Ziel nun näher kamen, fiel alles von im ab und um 17:54 Uhr, genau 13,5 h nach dem Start, piepten die Zeitnehmer-Richtantennen an der Strassenseite auf. Wieder geschafft.

Bild

Leider war die Schlange am Freibiertresen sehr lang, so entschlossen wir uns zu unserem Bus zu fahren, denn dort gabs zudem richtiges Bier. Wir kamen genau richtig, es waren schon eine Menge Leute von unserer Truppe da, somit fuhren wir bald nach Borgham zur Herberge. Dort saßen wir dann lange draussen bei Lachs und Bier und schwelgten in den frischen Erinnerungen bei Windstille über dem ruhig daliegenden Vättern.

Bild

Sven ist nach etwa 15 Stunden auch wohlbehalten ins Ziel gekommen, er kam mit einigen im letzten Bus nach Borghamn und nahm sich erstmal den Lachs vor.

Ich bin dann später nochmal raus auf die Aussenmole und habe den Sonnenuntergang über den See verfolgt. Es war auch - zumindest für längere Zeit - ein Abschied vom Vättern. Diese Tour war alles in allem ein tolles Erlebnis, und so möchte ich es in Erinnerung behalten.

Bild

Zum Schluss möchte ich bei der Gelegenheit unserem Organisator Ingo für seine Arbeit danken. Die Reise wurde von ihm perfekt geplant und durchgeführt. Es ist eine private Organisation, die viel Arbeit und Verpflichtung mit sich bringt. Es ist keineswegs selbstverständlich das sich jemand diese Mühe macht. Also herzlichen Dank Ingo!

Ein Danke auch an unseren Fahrer Viktor (Bus 1), der uns sicher hin und zurück gebracht hat und mit viel Einsatz unterstütze. Gleiches gilt natürlich für den Fahrer von Bus 2, den ich aber nicht näher kenne.

Bild

Mit sportlichen Grüßen
Armin
"Bei langen Missionen sind Läuse störend." -- Aus dem Samurai-Handbuch
"Hagakure", 17. Jhdt.
Blueberry
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 107
Registriert: 26.04.2010, 09:36

Beitragvon Blueberry » 22.06.2013, 08:33

sehr schöner Bericht, vor allem die stimmungsvollen Fotos!

Eure Berichte hier (generell fast alle längeren Berichte über solche ozren und Marathons hier bei Helmut) lesen sich immer wieder sehr schön und sind besser, als das meiste, was man so täglich m Internet zu lesen bekommt...
Benutzeravatar
Heimfelder Dirk
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 1734
Registriert: 09.10.2010, 20:06
Wohnort: Seevetal - Horst
Kontaktdaten:

Beitragvon Heimfelder Dirk » 23.06.2013, 20:20

Blueberry hat geschrieben:sehr schöner Bericht, vor allem die stimmungsvollen Fotos!
:GrosseZustimmung:
:gruss: dirk
:gruss:
dirk
Tibiakopf
Forums-Novize
Beiträge: 3
Registriert: 25.06.2013, 17:01

Wir waren auch dabei

Beitragvon Tibiakopf » 28.06.2013, 17:46

Hallo in die Gemeinde.

Bin ziemlich neu hier im Forum, fahre aber schon einige Jahre Rad. Auch wir, Geli, Britta, Holger, Andrees und ich, Arndt, waren diesmal dabei. Für vier von uns war es eine Premiere, für Geli war es bereits die vierte Umrundung. Wir fuhren Mittwoch Nacht zu dritt über Puttgarden, Rödby, Helsingör und Helsingborg nach Schweden und waren Donnerstag morgen um 10 Uhr bei Holger und Sabine, die ein sehr schönes Ferienhaus mitten im schwedischen Wald besitzen (Da muss man mit Mücken umgehen können, sonst hat man verloren).

Bild

Donnerstag haben wir nicht viel mehr gemacht, als uns ausgeruht. Holger, Sabine und Geli haben für uns die Startunterlagen abgeholt. Leider regnete es den ganzen Tag. Freitag haben wir auch relaxed mit Minigolfen, mal was ganz anderes als Radsport. Kurz noch die Räder verstaut und uns mit Pasta gestärkt.

Bild

Abends waren wir um 8 im Bett, um halb zwölf sind wir wieder aufgestanden, kurz nach zwölf nach Motala gefahren, alles vorbereitet und um 2:52 bei trockenem Wetter gestartet. Unser Trainingsstand war eher mäßig, wir hatten uns auch nichts Großartiges an Zeiten vorgenommen, Hauptsache ankommen. die ersten 100 km waren schon anstrengend, aber auch landschaftlich sehr schön. Dann kam noch die aufgehende Sonne dazu, da konnte der Tag doch nur noch schön werden. Die anderen haben in Jönköping Kötbullar gefrühstückt, ich bin bei Knäckebrot und Milch geblieben, das konnte ich meinem Magen um diese Zeit einfach nicht antun.

Weiter gings mit 150 km Rückenwind. Das war Easy Going, aber manchmal auch ein bisschen eintönig im Wald. Da waren so Pausenstellen wie HJO ideale Abwechslung, wo wir auch gleich eine Stunde Pause gemacht haben. Es war warm, sonnig, Massagen wurden angeboten, was will man mehr?

Bild

Weiter gings Richtung Norden. Nachdem wir die Nordspitze bei Askersund passiert hatten, kam ein recht unangenehmer Teil, die Straße verengte sich, es gab keinen befahrbaren Seitenstreifen mehr und es war auch nicht abgesperrt. Es gab noch leichtere Anstiege, wo einige schlichtweg nicht mehr konnten und abstiegen um zu Schieben. Dadurch staute sich der PKW-Verkehr und man musste sich irgendwie zwischendurchschlängeln. Gott sei Dank hatte der Spuk in Medivi ein Ende. Waren ja auch nur noch 20 km bis zum Ziel und da haben wir noch einmal richtig aufgesattelt und sind dann gegen halb sieben abends im Ziel eingetrudelt. Wir waren zwar nicht schnell: knapp 25ger Schnitt, haben insgesamt 15 dreiviertel Stunden benötigt, aber das reichte uns.

finish line:
Bild

danach:
Bild

Leider gab es zu diesem Zeitpunkt schon kein Bier mehr, was nicht nur ich schade fand. Sonntag Mittag gings bei Regen zurück nach Hamburg. Bevor ich es vergesse: Ich habe einen Film über unsere Tour gedreht, hier der Link:

http://www.youtube.com/watch?v=miyydocRzQ0

Nächstes Jahr ist eine Sub12 drin :)!

Liebe Grüße,

Tibiakopf ;-)

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Semrush [Bot] und 1 Gast